VOX Pathfinder 10 – Teil IV

Änderungen & Nachträge

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„Kinderzimmerbässe“ werden geradegezogen

Allerdings stellte sich nach Ausprobieren der Schaltung heraus, dass die gewünschte Veränderung für diesen Verstärker wohl „unten herum etwas Zuviel des Guten“ war.  Bei neuerlicher Betrachtung der Schaltung der Vorstufe fiel eine Bassanhebung in der letzten Verstärkerstufe vor dem Mastervolumenregler auf, die war zunächst übersehen worden:

Schaltplan

Abb. 4.1:  Ausschnitt aus dem Schaltplan der Vorstufe – Bassanhebung zwischen Klangregelung und Endstufe. 

Die Bassanhebung wird über einen nichtinvertierenden Operations­verstärker realisiert; in dessen Gegenkopplung findet sich ein Spannungsteiler (R16 und R17, sorgt für eine Verstärkung um den Faktor 1,5) und sowie ein einfacher Tiefpassfilter (R15 parallel zu C12), der, da er in der Gegenkopplung liegt, für eine Bassanhebung sorgt. 

Die Eckfrequenzen des Hochpasses in der Gegenkopplung (und damit die der Bassanhebung) ergeben sich aus den Werten von C12 und R15 (untere Eckfrequenz) sowie aus denen von C12 und R15 parallel zu R16 plus R17 (obere Eckfrequenz) – sie liegen bei 70 Hertz und 250 Hertz.  Das heißt, die Bässe werden auf das bis zu 3-fache angehoben. 

Diese Anhebung ist für einen Übungsverstärker, der auch über Kopfhörer gut und voll klingen soll, sicher sinnvoll.  Im Zusammenhang mit der beschriebenen Modifikation der Endstufen­schaltung stört diese Anhebung aber und musste deaktiviert werden.  Dazu wurden C12 und R15 auf der Leiterseite der Platine mit einem kleinen Stück Draht kurzgeschlossen. 

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Ein Nachtrag zur Klippstufe

Die vorgestellte und bei der Modifikation des VOX Pathfinder verwendete Klippstufe (siehe hier) verlangt noch nach einer Nachbemerkung – sie ist, sozusagen, noch nicht ganz fertig. 

Man sollte die Schaltung in ihrer Anwendung nicht mit einer einfachen Klippschaltung mit zwei antiparallelen Dioden vergleichen – diese Schaltung ist etwas komplexer.  Die Zusammenhänge zwischen der statischen Kennlinie der einzelnen Dioden in den verwendeten Graetzbrücken – d. h., welche Spannung über jeder Diode bei welchem Strom abfällt – und der Kennlinie der Gesamtschaltung ist etwas komplizierter als bei einer der üblichen passiven Klippschaltung mit antiparallelen Dioden. 

Letztere ist, was die Auswahl der Dioden angeht, relativ anspruchslos; wenn beispielsweise beide Dioden gröer sind und bei gleichem Durchgangsstrom einen geringeren Spannungsabfall haben, dann hat die Klippstufe halt insgesamt etwas mehr Verzerrung und im Ausgang etwas weniger Pegel.  Diese Unterschiede sind aber nicht groß und führen auch nicht unbedingt zu qualitativen Änderungen des Klangcharakters dieser Klippstufe. 

Im Gegensatz dazu reagiert die hier vorgeschlagenen Doppel-Graetz-Schaltung mit vorgespannten Dioden empfindlicher auf die Verwendung unterschiedlicher Gleichrichtertypen.  Fällt beispielsweise auf die „Bias“-Dioden D102 und D108 eine gröere Spannung ab, so werden die „Weichklipp“-Dioden D101, D103, D105 und D107 stärker vorgespannt, ihr diffenrentieller Innenwiderstand sinkt deutlich (für leicht angezerrte Signale sinkt die Lautstärke), die Verzerrung setzt evtl. früher ein, die Wirkung des Symmetrier­widerstands ändert sich etc.  Kurz gesagt, die gleiche Schaltung kann oder könnte mit anderen Graetzbrücken plötzlich anders reagieren oder anders klingen. 

Das war auch hier in diesem Artikel so: In PSPICEwurde die Schaltung in Ermangelung passender Modelle mit dem Modell einer Diode 1N4002 simuliert, aber dann mit zwei Graetzbrücken KBP04M gebaut und vorher vermessen.  Die Unterschiede zwischen der gedachten und der gebauten Versionen kann man ja auch in den ermittelten Kennlinien erkennen – bei der durch Simulation bestimmten Kennlinie (siehe Abbildung 2.4 und Abbildung 2.6) Es ist schon zu erkennen, dass die realisierte Klippstufe einen etwas größeren linearen Bereich hat als die simulierte. 

Allerdings sind die diesen Zusammenhängen zugrundeliegenden mathematischen Zusammenhänge nicht unbedingt trivial, insbesondere dann, wenn man die Kennlinien der Dioden nicht vollständig auf eine e-Funktion entsprechend der Shockley-Gleichung zurückführen kann.  (Zur Ehrenrettung sowohl der SPICE-Modelle alsauch der Datenblätter muss man dazu sagen, dass die hier vorgeschlagene Anwendung für die normalen Anwender einer Graetzbrücke schon Exotenstatus hat und die dafür interessanten Daten verschiedener Dioden und Graetzbrücken bei kleinen und mittleren Strömen für die normale Kundschaft eines Diodenherstellers schlichtweg irrelevant sind.

Summa summarum wurden zwar Wirkungs­zusammenhänge gesehen, aber keine handhabbare Zusammenhänge zwischen Diodenparametern und klanglichen Resultaten gefunden.  Insgesamt scheint es also sinnvoller, die qualitativen Eigenschaften aus einer Simulation mit einem möglichst exaktem Modell des verwendeten Gleichrichter abzuschätzen oder sich die Kurvenverläufe gleich auf dem Oszilloskop anzusehen. 

Also, nicht blind nachbauen, sondern probieren, so richtig fertig ist die Schaltung leider (noch) nicht. 

Nachtrag:  Lesenswert ist hoffentlich der neuere Artikel „Klippstufen mit vorgespannten Dioden“ in der Ideen-Rubrik – quasi die Fortsetzung des Pathfinder-Artikels. 

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